Εφημερίδα Die Zeit 15 Απριλίου1903
Seite 4
Wien, Mittwoch
DIS III-k-
!5. April 1903 s
Nr. 195
Mitwirkung oder Mitwissenjchaft bei dem Eisen-
bahnbrückenattentat bei Muftafapascha und bei
dem Anschlag gegen das staatliche Petroleumdepot
tn Kinekli (Vorstadt von Mustafapascha) beschul-
digt werden. Die Kühnheit des erwähnten Ver-
suches beweist der Umstand, daß das Depot nur
einige hundert Meter von der Wohnung des
Stadtcommandanten und einer Wache entfernt
cstz Jm Kreise P etr rtfch (Sandschak Seres,
thajet Salonicho sind abermals zwei türkische
Steuereinnehmer von der Bevölkerung eines buls
garischen Dorfes getodtet worden und die betref-
fende männliche Dorfbevölkerung ist aus Furcht
vor Strafe ins Gebirge geflüchtet. Jm Dorfe
on r«oI lKreis Demirhisar, Sandschak Seres,
rlaJet Salomchr) wurde ein bulgarischer No-
tabler verhaften weil er den Bandenchef Alexi
Porojlujldas heißt von Poroj gebürtig), welcher
ernen Brief an den Sultan richtete und die jüng-
sten Erfenbahnattentate verübte, beherbergt hat.
Nachdem dte Truppen und die Gendarmerie der
drer makedonischen Wilajete Salonichi, Monastir
und Ueskub die Erlaubniß erhalten haben, bei
Verfolgung von Banden wie auch von einzelnen
.--Gomrtadschr (Comrtemitglieder) und bei sonstigen
ahnlichen Gelegenheiten von den Waffen Ge-
brauch zu machen, ohne vorerst, wie es früher vor-
geschrieben war, htezu die Erlaubniß der Com-
rnandos oder· Behörden einzuholen, wurden nun
dieselben Weisungen auch für das Wilajet Adrias
znopel ertheilt.
Griechenland.
s Athen, 7. April. Regierung, Presse und Volk
verfolgen die Vorgänge in Nord-
nlbanien und deren Folgen mit großem
iJnteresse und sichtlicher Unruhe. Man fürchtet die
Ausdehnung der Unruhen auf weitere Districte
kAlbaniens- die Vereitelung der von der Pforte
selbst beschlossenen Reformen in Albanien und die
sEmtoirkung auf Makedonien, wo die
IRevolutionäre ermutigt und die Vürgschaften für
rdas Gelingen des Reformwerkes sich vermindern
ooürden Speciell die »Prota«, das Organ des
zPremierministers Delyannis, gibt diesen Be-
, en Ausdruck und versichert:" »Die Zu-
lstände der Valkanhalbinsel gestalten sich sehr un-
— sgiinstig und sie bestärken die Ansichten der Pessi-
Fmistem es fehlt nur wenig bis zu der scharfen Zu-
xspißung sdie allen in Europa und namentlich
;·- land und den griechischen Bevölkerungen
ssunerwünfcht ist« Sie fordert sodann die Türkei
auf, beim Versuche der schnellen Bekämpfung der
»"albanischen Feuersbrunst nicht etwa ihre mili-
tiirischen Kräfte in Makedonien zu mindern,
kfoudern im Gegentheil auf deren Verstärkung
stedacht zu sein. Daß die, hiesige Regierung ein
iactives Ein eifen Grie enlands bei Verschärfung
Zder Verwi un en ins uge faßt oder gar dem-
Eentfprechende litärijche Anordnun en trifft oder
znur plant, ist vorläufig völlig ausgeschlossen Zu
Dselbständi em Vorgehen hat Griechenland nicht die
zmilitäris" Kra t, und jeder engere Anschluß des-
selben an eine. roßmacht oder an einen der
Wakkanstaaten fehlt nach wie vor. Die Gerüchte
über ein Bündniß zwischen Griechenland und der
Türkei, die letzthin in auswärtigen Blattern auf-
rauchtem enthalten eine erhebliche Ueberschatzung
sder guten BFehungen der beiden Nachbarstaaten
iund sie sind ’er allgemein, insbesondere auch ber
der Presse auf bestimmten Widerspruch gesto en,
und desgleichen haben türkische Diplomaten« er-
,felbst tein He l daraus gemacht, daß dieserWrders
spruch der» rklichkeit entspricht. Uebrigens grerft
er die pessimistische Auffassung uber die gegen-
«rtige Lage des Hellenismus und die Entmuti-
mung hinsichtlich seiner Zuskunftsaussichten nmner
mehr um sich. Die LeitarttkeL welche· heute am
Tage des griechischen Nationalsestes dre hiesigen
iseitungen wie alljährlich den nationalen ielen
»und Aspirationen wtdmen, find durchgangig
resignirte oder erregte Klagen·über. den Nieder-
gang des Griechenthums und das tiefe Sinken
seines Ansehens. Daß hinsichtlich der so alten
iFrage der neuen Militäror anisation fitr abseh-
ibare Zeiten wieder alle Ho, ung zur Erreichung
sdes verkündeten Zieles verschwunden ift und
Zlediglieh das aufrichtige oder unaufrichtige Suchen
nach der Basis zur gemeinsamen Arbeit fort-
dauern wird, sieht fast jeder als feststehend än-
Ganeral Smolenski erhob demgemäß in der
gestrigen Parlamentssihung seine Stimme nur
M« FMMUMN
llnter Llremdm»
I(Tagebuch einer Erzieheriwi
Von
iranz herrzeg
Untoritrt Uebe auö de U« en
f« e Von Ærtluä BakonTi. Æmsch
Die Gräfin, die bisnun tiefes Schweigen beob-
achtet hatte, nahm ietzt das Wort:««
»Warum haben Sie mir von fenem Brtef terne
Erwähnung gethan?« fragte sie mit umwdlkter
lMiene-
Gra- ftvan antwortete ftir mich.
»Da; c«?f31-äulein wollte dir keine Unruhe be-
reiten rmdfl btn ihr dafür noch besonders zu
Datck verp .«.
Der Graf trat dann mit raschen Schritten zur
rThür und rief den Grafen Sandor herein, der
Ldraußen gewartet hatte. Der alte Herr umklam-
smerte den Arm des jungen Mannes und erklarte
erwsßswsr »k» s«» k Ds
», em e-u geene··a
kFräulein hat mit ehrenwerter Aufrikngleit ge«
Fantwortet... Es thut mir leid,- da t re Ant-
wortfür dich un" tig««lautet.. ."
« Der CJunge b rclte mtch nnt so schmerzvoller
ateomafchung ap, daß ich meinen Mick abwenden
. Mich· ergriffeinesonderbare Jdee.,.. Wohlan,
wenn rch ein ehrlich aufrtchti es Mädchen wäre-
« so, würde ich jetzt erklären: mäch habe eine Lugo
ges-M denn die Wahrheit lie t darin, daß rch
ein« in der Welt ftehe und ände fich etn an-«
ständiger Mann, der mich lieben kann, so würde
Fuh ihm eine treue Gattin werden. .. Und wenn
« Sie ztljfex Mftdlndiae Mann sind, so bieten Sie
( te(« -s«,
i M meiner sdxmd MADE-e
dafür, unter Veifeitelassung der Reorganisation
für die Ausrüstung und Bewaffung des Heeres,
die gegenwärtig in klaglichem Zustand sich befinde,
Sorge zu tragen; eme Antwort daranf unterblieb
Jn derselben Sitzung gab der— frühere -Marine-
.minifter Lewidis em gleich dunkles Bild der Zu-
stände in der Marina bei dcr neunundneunzig
Hundertstel des Schiffs- und Kriegsmaterials un-
brauchbar seien. Sem Nachfolger im Amte,
Vuduris, bestätigte» seine Angabe, während der
jetzige Marinemrnrster Karapanos eingehende
Prüfung der Mißstände zusagte. Dieselben wer-
den indes schon seit Jahren studirt.
beim Generalinspertor tjilmi Pascha
Ein Jntervicw."
Gzon unserem Specialeorrespondenten.)
t Ueskiib, 9. April.
Geftern um 11 Uhr Nachts empfing mich der
Huffein Hilmi Pascha, der die Freund-
lichkeit hatte, mir eine mehr als zweiftündige Un·
terredung zu gewähren. Jch traf Seine chellenz
am Schreibtisch sitzend an, wo er noch mit seinem
Adlatus, Generaladjutanten Generallieutenant
Naf f ir Pascha, arbeitete. Der Generalinspecs
tor entschuldigte sich vor allem, daß er mich zu so
später Stunde empfange, doch sei ihm dies früher
wegen dringender Angelegenheiten nicht möglich
gewesen. Und in der That arbeitet Hilmi Pafcha
sehr viel. Wie mir mehrere Consuln überein-
stimmend erzählten, sitzt er fastsununterbrochen
täglich von 9 Uhr Früh bis 8 Uhr Morgens am
Schreibtisch. Während seiner zweimonatlichen
Thätigkeit als Generalinspector hat er nicht weni-
ger als 3000 Eingaben erledigt.
Hilmi Pascha.
» Hilmi Pascha, ein älterer— er dürfte 55 Jahre
zahlen —, großer, hagerer Herr mit graumelir-
tem Vollbart, gilt-allgemein als ein fehr ernster,
ehrenhaften fleißiger und tiichtiger Mann mit
einem ganz hervorragenden Organisationstalent
sund großer Umsicht. Dieses Zeugniß stellen ihm
auch die Consuln aus, und daß es verdient ist,
davon kann man sich überzeugen, wenn man Ge-
legenheit hat, mit ihm zu sprechen.
Auf »der Jnsel Mytilene geboren, abfolvirte
er rn seiner Heimat das Gymnasium, kam später
nach Konstantinopel- und wurde znm General-
secretär m Smhrna ernannt. Jn gleicher Eigen-
schaft nach Shrien versetzt, avancirte er bald zum
Wali, kam später in dieser Eigenschaft nach
Adana in Kleinasien, wo er ein Jahr verblieb-
um dann die Leitung des Wilajets Jemen zu
übernehmen. Den Posten als Wali von Jemen
bekleidete er fünf Jahre, bis er vor zwei Mona-
ten zum Generalinspector für Makedonien und
Altferbien ernannt und mit der Durchführung
der Reformen betraut wurde. Jn Jemen war
er von einem von ihm entlassenen Beamten an-
geschossen und ziemlich schwer verwundet worden.
Gendarmerie und Gerichte.,
Meine erste Frage galt natürlich den Refor-
men, und da sagte mir der,Generalinspector, daß
ein großer Theil der Reformen bereits durchge-
führt fei und er hoffe, daß in zwei bis drei
Monaten alles fertig sein werde.( ?) Er fügte
hinzu, daß sich die Neformdurchführung nicht
nur auf die drei Wilajete Kossowo, Salonichi und
Monastir beschränke, wie dies ursprünglich in
Aussicht genommen war, sondern sämmtliche
sechs Wilajete der europäischen Türkei umfasse( ?),
also auch die Wilajete Adrianopel, Janina und
Skutari. Sein Hauptaugenmerk richte er auf
die Reorganifation der Gendarmes
r i e und der G e r i ch t e. Er beklagte sich jedoch
darüber, daß sich zur Gendarmerie zu wenig
Christen melden, was er den Jntriguen
zwischen Serben und Bulgaren zuschreibt. So
seien im Wilajet Kossowo 550 Gendarmenposten
mit Christen zu besetzen, doch haben sich bis Jetzt
nur 350 Candidaten gemeldet, so daß noch
200 Posten vacant bleiben. Bei der Ernennung
der Gendarmen lasse er fich von niemandem be-
einflussen, da er bestrebt sei, nur ehrliche und fur
den Dienst fähige Leute aufzunehmen, und des-
halb habe er schon wiederholt vom bulgas
Candidaten abgewiesen.»«
Damit die Gendarmen sich ganz ihrem Dienste
»Das Fräulein hat erklärt, daß es weder dich,
noch deinen Brief ernst nehmen will.. .'«
Das Antlitz des Grasen Sandor wurde kreidei
weiß·"
»Das haben Sie gesagt?«.«.
Graf Jstvan sah mich fragend an und ich mckte
mit dem Kopfe.
,,Jawohl, das.. .«
»Man hat Sie gezwungen, so zn sprechen,«
brach es aus dem jungen Herrn hervor·
Der Alte blickte überrascht auf feinen Neffen,
dann lachte er gemiitlich auf.
« »No, schau doch mal!« rirf or aus, »ich wäre
also jener gewisse steinherzige alte Graf, der in
den Schauerromanen das Glücl der Jungen ge-
waltthätig hiritertreibt?««
Er hatte das so drollig gesagt, daß ich darüber
schmunzelte und Graf Sandor sich schämte. Plögs
lich wendete er sich ab, und verlie as Gema.
Jch zog mich ebenfalls auf mein« immer zurück,
wo Graf Jstvan nach einer Stunde erschien-
,,Jch bin gekommen, um Jhnen für Jht Offenes
und ehrenhaftes Benehmen zu danken. .. »Sie
sind ein braves Mädchen und wrr sind Jhke
Schuldner. .. Auchwill ich noch etwas-Jägern
Jch finde es naturlrch,»daß ein Frauenzimmer,
das so taktvoll und femfiihlend rst,»nach dem,
was vorgefallen war, sich in« Cfertohazasnicht
mehr wohlfühlen kann. .. Meme Nichte trennt
si fehr Lchwer von Jhnen, doch habe ich sie auf-
g lärt, aß wir kein Recht haben, Sre zurück-
zuhalten.. .«««
Der Graf beobachtete mir gegenüber das er-
denklich einfachste Verfahren: Was ··er von mir
forderte, das trug er o vor, als tvare esmein
eigener Wunsch, en er mir an den. Augen. ab·
gelesen hatte. Er- muß die Weiber sehr verachten
oder sie für sehr dumm halten. Aber das Resul-
tat gibt rhm Recht.,"
»Es wäre mir lieb, wenn ich noebheute ab-
GeneralinspectorfürMakedonien,.
rischen oder serbischen Metropoliten empfohlen-e
widmen können, fei esnotwendig daß sie ein
anständige-S Gehalt bekommen, das ihnen regel-
miißig ausgezahlt wird. Hilmi Pafcha hat des-
halb die Gehälter aller Gendarmen und Beamten
um 25 bts 30 Procent erhöht. Ein Gendarm
311 Fuß l)at»1etzt ein Gehalt von ungefähr 15 fl.
monatlich, ekn berittener 80 fl., ein Gendarmerie-
lieutenant 30 sl., ein berittener 40 sl., ein Ober-
l« utenant 40 bis 50 fl» ein Yusbafchi (zwischen
erlieutenant und Hauptmann) 75 fl. Ein
Polizeimann bekommt 30 fl. monatlich, ein
Polizeicommissär dritter Classe 75 sl., zweiter
ClafselOO sl., erster Classe 150 fl. und ein
Polizeidkrectfor 250 fl. Jm Wilajet Kossowo
wurden bts Jetzt 27 christliche Polizisten und zwei
Polizereommifsare ernannt. Das Gehalt werde
durch die Ottomanbank ausgezahlt und die regel-
matßiåzte Auszahlung sei auf diese Weise sicher-
ges e.
Auch die Reorganifation des Justizwesens sei
bereits« ziemlich weit gediehen. Jn jedem der sechs
lich» leafete wurde das bisher bestandene Appel-
lationsgericht vollkommen utngestaltet und in
zwei Abtheilungen, eine für Civil- und eine für
Strafprocesfe, getheilt. Die Richter sind sämmt-
lich »altere,«erfahrene Juristen, und zwar je zur
Halfte Christen und·Muselmanen. Jede Abthei-
lung besteht aus ernem Präsidenten und vier
Richtern; zn der Strafsection gehört außerdem
auch-noch der· jeweilige Generalprocurator. Der
Prasident bezieht monatlich 350 sl., der General-
procurator 300 fl. und die Richter je 120 fl·
Außerdem wurde m der Hauptstadt eines jeden
erajets em· Gericht erster Jnstanz errichtet, be-
stehend aus Je einer Civib und einer Straffection
mit Je emem Prasidenten und vier Mitgliedern,
dte ebenfalls Je zur Hälfte Christen und Museb
manen sind. Der Prasident der Civilsection hat
ein Gehalt von .300» fl. monatlich, der der
Strafsection 200 fl» die Richter je 100 fl. und
der Procurator 200 fl.
»Jn den Kafas (Ka·ntonen), in denen es bis jetzt
ctivilgerrchte gab, die auch Strasverhandlungen
fuhrten, wurden specielle Strafgerichte geschaffen,
bestehend aus einem Präsidenten- zwei Richterm
einem Staatsanwalt und einem Untersuchungs-
r1chter. Der Präsident bezieht 120 fl. monatlich
die Richter 70 sl., der Staatsanwalt 100 fl. und
der Untersuchungsrichter 60 fl. Bis heute wur-
den nn Sandschak Kossowo 8,» in Salonichi Bo,
Monastir 5, Adrianopel 7 und Janina 5 folcher
Strafgerichte errichtet.«
Das Steuersystem.
»Und wie ist es, Excellenz, mit dem Steuer-
fhstem?«
,,«Darüber haben wir noch keine endgiltigen Ent-
fchlusse gefaßt. Vorläufig haben wir das bisherige
System der Verpachtung des Zehent, mit dem viel
Mißbrauch getrieben wurde, nnd das in der That
für den Bauer unerträglich war, aufgehoben·
Bei der Verpachtung des Zehent meldeten sich ge-«
wohnltch sehr viele Concurrentem die sich so stark
uberboten, daß sie nicht ihre Rechnung finden
konnten, wenn sie fich nicht an den Steuerzahlern
schadlos hielten. Außerdem kormte zder Bauer-
über seine Ernte nicht verfügen, so «kange.nicht der
Pächter den Zehent eingehoben hatte. Jch beab-
sichtige, den Zehent ganz abzuschaffen, indem ich
als Basis fiir die Abgaben eines jeden Dorfes die
Durchschnittsziffer der in den letzten fünf Jahren
eingehobenen Steuer nehme. Jedes Dorf wird
also so viel Steuer in natura zu zahlen haben,
als die durchschnittliche Zehentabgabe in den letz-
ten süns LDahren betrug. Sache des Gemeinde-
rates eines jeden Dorfes wird es fein, die Steuer,
die das Dorf zu zahlen hat, auf die Bewohner zu
repartiren. Damit dabei kein Mißbrauch getrieben
wird, wird die Auftheilung der Steuer durch staat-
liche Organe controlirt werden. Diese Art der
Steuereinhebung ist, wie gesagt, vorläufig nur
ein Project: einen definitiven Beschluß hierüber
habe ich noch nicht gefaßt. Um den Bauern die
Steuerzahlung zu erleichtern, beabsichtige ich auch,
die Steuer in vier Raten einheben zu lassen.«
»Und wie gedenken Exrellenz den vielen und
berechtigten Klagen über dce Jnftitution der Feld-
hüter gerecht zu» werden?-«-
»Diese Frage, ist in der That eine sehr wichtige.
Morgen wtrd Im officiellen Anzeiger eine Auf-
forderung an die Bevölkerung erscheinen, ihre
Wunsche betreffs der Ernennung der Feldhiiter
kundzugeben, und seien Sie überzeugt, daß ich
reifeu könnte,« erklärte ich, um nur auch meiner-
serts etwas zu sagen.
»Wie Sie befehlenl« sprach. der Graf; ,,Doch
babe »auch ich eine unterthänige Bittez.. Die kleine
Familienfcene, die sich hier abgesprelt hat, geht
eigentlich auf Jhre Kosten. Wir sind« Jhnen auf
Jeden Fall verpflichtet und wären glücklich wenn
wir Jhnen einigermaßen Genugthuung geben
konnten. Sie würden mich sehr, recht fehr ver-
binden, wenn Sie mir irgendwie andeuten woll«
ten, in welcher Form wir dies- thun konnten-«
Jch hatte verstanden: er wollte nnr Geld bie-
ten. Gott sieht in meiner Seele, daß ich »in Geld-
angelegenheiten nicht empfindlich bin, dennoch sah
iF ein, daß es eine Nredertrachtigkeit ware, wenn
i von diesen Menschen etwas annehmen würde
»Wenn Sie glaubet-, Herr Graf, daß Sie mir
irgendeine Gemigthuung schuldig sind, so können
Sie mir dieselbe leicht ableistenl«
»Wiefo ?«
»Viel-en Sie mir kein Geld an und ich werde
glauben, daß Sie vorhin ernst gesprochen
haben.. .«««
Ueberrascht und sichtlich verdrossen maß mich
der alte Herr von oben bis unten und verbeugte-
sich dann tief vor mir·
Jch nahm Abschied von der Gräfin Sie war
sehr traurig, zugleich aber auch fehr kalt. Als ich
jie zum erstenmal aäzeghen hatte, war gerade
a: durch und dur« räfin... Es e mich
entsetzlichggekränkh Ia auf einen Augenblick bei«
na e in ut gebracht,. daß ich mich von Flora
ni t verabschieden konnte. Jchre Mutjer ent-
schuldigte sich damit, daß sie die kleinesGräfin
nicht aufregen wolle, .x
Der Zug» ging um sieben Uhr ab, doch war der
Wagen schon nm sechs Uhr vor-gefahren Als ich
einstieg, war« es bereit-Z dunkel. llnter der Vor-
halle standen einige Dienstleute Ein stiller Herbst-
regen uieselte: es war so4 ein rechtes A, chiedss
wettet-. Der alte« Herr nahm un— Wa neben
diesen Wünfchen Rechnung tragen werde. Dort,
wo Christen als Feldhiiter verlangt werden, werde
ich Christen ernennen, wo man— Mohammedaner
verlangt, Mohammedaner. Auch die Feldhiiter
werden eine bessere Bezahlung als bisher erhalten
und für die regelmäßige Auszahlung des Soldes
wird ebenfalls gesorgt werden«-«-.«
»Und glauben Excellenz, daß diese Reformen
genügen werden, um geordnete Zustande m der
europäischen Türkei zu schaffen?«-
»Sehen Sie, das ist eine Ftsage dle schwer
zu beantworten ist. Die Reformen, die der Sultan
aus eigenem Antriebe gibt, weil ihm das Wohl
seiner Unterthanen am Herzen liegt» haben
den Zweck, die Lage nicht nur der chsztllchew
sondern auch der mohammedanischen Bevolkerung
zu besserm und sie werden ihren Zweck auch et-
füllen. Etwas anderes ist es freilrch, ob sie-auch
die christliche Bevölkerung befriedigen werden-
Eines ift sicher, daß die makedonischen
A g it at o r e n damit nicht zufrieden fein werden
und daß sie alles Mögliche thun werden, u·m
geordnete Zustände nicht zuzulassen. Und das ist
sehr begreiflich. Jn dem Moment, wo in der
europäischen Türkei Ordnung herrscht, hat dte
ganze sogenannte makedonische Bewegung ihre
Existenzberechtigung verloren und as paßt
natürlich diesen Herren, die dann vom Schau-
plaße verschwinden müßten, nicht in den Kram.
Es ist aber dafür Sorge getragen, daß jede
revolutionäre Bewegung bei Zeiten unterdruckt
wird, und ich bin überzeugt, daß es uns gelingen
wird, Ruhe und Ordnung zu schaffen,«
Die Durchführbarkeit der Refmnem
»Nun bleibt noch eine wichtige Frage offen.
Jn Europa behauptet man, die Türkei sei nicht
imstande, Reformen durchzuführen, weil sie· nicht
genügend fähige und ehrliche Organe hiefür be-
i t«
tz..
»Diese Behauptung ist absolut falsch. Wir haben
Organe genug, welche den Jntentionen Semer
Majestät vollkommen entsprechen kdnnen und
werden. Als Beweis hisfüiz daß ich esauch nnt
dieser Frage sehr ernft nehme, mag Jhnen der
Umstand dienen, daß ich bisher in den verschie-
denen Wilajeten 880 Gendarmen und 75.Gen-
darmerieofficiere, die compromittirt erschienen,
entlaser haben. Ferner wurden 789 Gendarmen
uud 89 Offipiere, die fiik den Dienst sxicht tauglich
wuren, theils entlassen, theils ·m ankketen
Stellungen«verwendet, um für die chklstllchen
Candidaten Platz zu machen. Alle neuernannten
Gendarmen sind durchaus ehrliche Leute- »denn
ich habe sie mir gewählt und ließ m1ch- Wle lch
Jhnen bereits erwähnte, bei ihrer »Es-Ernennung von
keiner Seite beeinflussen. Ehtllche Jka fflhlge
Organe haben wir also genug; Fskelllckz kOUUM
Uebergriffe einzelner Organe mcht Verkluer Wet-
deu, aber wo kommt das mfht vor? Sie tonnen
jedoch überzeugt sein, daß wir kemen Uebelthater
unbestraft lassen werden«»
«. Die All-aner-
,,Und,wie gedenken Excellenz mit den fanati-
schen Albanern fertig zu werden?«,«.»
»Vo: allemmußck Jhnen bemerken, haß ine
Albaner keineswegs-—»?) sfanattsch smd. Ueber-
hauvt ist esganz falsch, zuglaubem der Turke
fei Fanatiker. Jch kann Sterverncherm daß es,
kaum ein Volk auf der Welt gibt, das so wlerant
ift wie das tiirkische (—?) Dre Albaner smd etn
wild e s Volk, aber wir werden mtt ihnen fertig
überzeugen können, daß dort jeßt vollkommene
Ruhe herrscht. Sie haben gesehen-daß »wir rn den
albanischen Gegenden ein starkes Milttamufgebot
haben, und noch immer gehen anatolifche Trupp-m
dahin ab. Es ift beabsichtigt, eine ganze Divllwkt
zur Aufwchtekhalmug dek Ruhe aufzubieten-
Wenn jemand die Erhaltung der Ruhe» M dkk
europäifchen Türkei wünscht, so ift es rn etzstet
Reihe Seine Majestiit der Sultan. Deshalb hot
er dieDurchführung der Reformen anbefoth
und swird es nicht zulassen, daß das Reformwetk
von» welcver Seite immer gestört wird· erml
die Albaner auf- gütliches Zureden mcht horen
werden, dann werden wir sie durch Gewehre und
Kanonen zur Vernunft bringen-««- »-»
,,Könnten mir Excellenz sagenz-wie«groß die
Zahl der bisher amnestirten Chruten 1st?«
, »Im Wilajet Monastir wurden 759 Bulgaren
amnestirt, .im Wilajet Salonichi 844 und im
Wilajet Kossowo 119.«-«
mir Platz; er war
begleiten.-·
.Jn drefem Augenblick swurde vom Stockwerk
her lautes Schluchzen hörbar... Floral
»Gehen wir!« rief der Graf..
Unterwegs hatten wir kaum einige Worte e-
wechselt. Jch glaube, da auch der Graf schmo te.
Warum denn? Wahrs ’nlich nahm er es übel
dsß tch kem Geld von ihm verlangt hatte· Auf
der unfreundlichen Station mußten wrr lange
warten. Jch hatte den alten Herrn wohl zweimal
ersucht-. er Inoge doch nach Hause fahren, aber
er sagte frostig, mit beinahe verweisendem Ton,
daß ek Wtsse, tpas seine Pflicht sei· Als ich endlich
den. Zug be neg, nahmen wir mit großer Er-
lsxchtemng schied voneinander. Wir waren
beide froh- daß eines von der Gesellschaft des
gewillt- mich zum Zuge zu
ftet wurde.
in die Hauptstadt.,«
Als fich unterwegs meine Barschaft til-erzählte-
wurde Ich gewahr, daß ich ein Geschenk des Grafen
Jstvan dennoch angenommen hatte: Meine Reise-
karte erster Classe bis Budapest hatte er bezahlt·
27. November 89.
Fraueakrati... Und thue wiedek dasselbe-
Was Ich zuvor gethan hatte-: ich warte, TWMZ
warte. Der einzige Unterschied besteht datisls n sp
ich Jetzt-meine-Umgebung um viel» Ukleaegz
nehmer, trnuri er und klemlicher fi S M»·
dexs. .» AchWkkg Fågdexz ZOUGC. hssas
or emer o e ei er--
kmd sie gebeten, daß sie mich jdemsp IHM
Bekannten empfehlen mö, ds ssch" UVEPSFLTZ
Nachgehen zukeiner Steglleeclkxsgllm a«t«"- CIE
hatte sogleich und ehr lielnMSw Ig gean Uiokkets
Am Eude ihkes wies sthns IZOU Fimdssk
hand geschrieben, Raps-at Worte: Es kußt Ste
.·- Flora· (Fortießung falgt,)
werden« Sie waren in Mitrowitzaund haben fich-’
Die nainmekfwu dek Gköfiu begleitete smicki
» Nun lebe ich wieder hier in Budapest, auf-disk
außeren Kerepeserstraße, im Monatsztmmerdesz
n geschrieben
»z«»
YWLEHVH-,
chesd